Pflegearbeitsmarkt in der Großregion

Eine Studie im Rahmen des Sonderthemas der IBA in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Universität Frankfurt (IWAK)

Hintergrund der Studie ist die steigende Anzahl an Personen, die auf ambulante oder stationäre professionelle Pflege angewiesen sind. Die Großregion steht vor der Herausforderung, mit einer ausreichenden Zahl an Pflegekräften die pflegerische Versorgung für den erhöhten Bedarf sicher zu stellen. In der Großregion gibt es auch im Pflegebereich viele Grenzgänger. Über die Funktionsweise dieses grenzüberschreitenden Pflegearbeitsmarktes ist bislang jedoch nur wenig bekannt.

Das Projekt hatte zum Ziel, eine höhere Transparenz über den großregionalen Pflegearbeitsmarkt zu schaffen. Beispielhafte Fragestellungen lauteten:

Die Zuständigkeiten der Berufe variieren von Region zu Region. Aufgrund dieser Unterschiede wurden die Berufe  vier Kategorien von Berufsgruppen zugeordnet, je nachdem, welche Tätigkeiten überwiegend erbracht werden.

In allen Teilregionen sind Pflegekräfte vor allem in Krankenhäusern, Pflegeheimen und im Bereich der ambulanten Pflege beschäftigt. Diese Bereiche wurden von der Arbeitsgruppe als die relevanten „Pflegesektoren“ definiert. Dabei wurde sich hauptsächlich an der europäischen Wirtschaftszweigsystematik (NACE) orientiert.

Lothringen und in der Wallonie arbeitete im Jahr 2011 nahezu jeder zehnte Beschäftigte in einem der drei Pflegesektoren. In den beiden deutschen Teilregionen Rheinland-Pfalz und Saarland betrifft dies jeweils etwa 6% der Erwerbstätigen. In der DG Belgien und in Luxemburg waren etwa 5% der Erwerbstätigen in den Pflegesektoren tätig. Die Zahl der Beschäftigten in den Pflegesektoren hat zwischen 1999 und 2011 zugenommen, obwohl in der Krankenhauslandschaft Konzentrations- und Fusionsprozesse stattgefunden haben.

Besonders stark sind die Beschäftigtenzahlen in den Pflegeheimen und im ambulanten Bereich gestiegen. Vor allem in Luxemburg waren im Jahr 2011 deutlich mehr Personen in diesen Sektoren tätig als noch zwölf Jahre zuvor. In allen Teilregionen können die Pflegesektoren auch in der Zukunft als Beschäftigungsmotoren betrachtet werden.

Im Jahr 2011 waren in der gesamten Großregion 150.792 Pflegefachkräfte und Pflegehelferinnen und -helfer tätig. Gut zwei Drittel davon (103.796 Beschäftigte) sind Pflegefachkräfte, knapp ein Drittel sind Helferinnen und Helfer (46.996 Beschäftigte). Mehr als die Hälfte aller Pflegefachkräfte sind in Krankenhäusern beschäftigt. Von den Pflegehelferinnen und –helfern arbeitet ein größerer Anteil in Pflegeheimen und ambulanten Diensten.

Eine Gemeinsamkeit in allen Teilregionen ist der hohe Frauenanteil in den Pflegeberufen, der bei etwa 90% liegt. Unterschiede werden dagegen deutlich, was die Altersstruktur der Pflegekräfte angeht: Im Schnitt ältere Belegschaften finden sich in den beiden deutschen Teilregionen und in der DG Belgien. Zudem ist in den deutschen Teilregionen ist der Anteil der Fachkräfte in allen drei Pflegesektoren deutlich höher als in den anderen Gebieten der Großregion.

Die Arbeitslosenzahlen für Pflegefachkräfte sind in allen sechs Teilregionen niedrig. Im Jahr 2012 waren die Zahlen in Rheinland-Pfalz (292), in der Wallonie (248) und Lothringen (227) am höchsten. Im Saarland waren 38 Pflegefachkräfte arbeitslos gemeldet, in Luxemburg 36 und in der DG Belgien 8.

Die Arbeitslosenzahlen entwickeln sich seit dem Jahr 2007 in den Teilregionen unterschiedlich: rückläufig Zahlen in den deutschen Teilgebieten und in der Wallonie (mit Ausnahme 2013), in Lothringen und Luxemburg steigt die Zahl, in der DG stagniert sie. Die wohl nur temporären Anstiege in einigen Regionen  lassen sich auf Fusionen und Rationalisierungsbestrebungen im Gesundheitssektor und damit verbundenen Freisetzungen und Einstellungsstopps zurückführen sowie in Lothringen auf doppelte Absolventenjahrgänge im Jahr 2012 aufgrund der Umstellung des Ausbildungssystems aus dem Jahr 2009.

Arbeitslosigkeit in den Pflegeberufen kein strukturelles Problem

Die Altersstrukturdaten der Arbeitslosen zeigen, dass in Lothringen und in der Wallonie eher jüngere Pflegefachkräfte arbeitslos sind als in den deutschen Teilregionen. Womöglich erleichtert das deutsche, einrichtungsnahe Ausbildungssystem den Übergang von der Ausbildung in den Beruf.

Davon abgesehen erscheint Arbeitslosigkeit in den Pflegeberufen nicht als ein strukturelles Problem auf dem Pflegearbeitsmarkt der Großregion – die Absolutzahlen sind relativ gering. Auch Langzeitarbeitslosigkeit ist kein relevantes Phänomen in den Pflegeberufen, der Anteil der Langzeitarbeitslosen in den Pflegeberufen ist geringer als unter den Arbeitslosen allgemein.

Im Jahr 2011 befanden sich in der Großregion insgesamt 21.909 Personen in einer Ausbildung zur Pflegefachkraft oder zur Pflegehelferin bzw. zum Pflegehelfer oder in einer Weiterbildung bzw. Spezialisierung. Ausbildung findet in allen sechs Teilregionen statt.

Während in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in der Wallonie vor allem Pflegefachkräfte ausgebildet werden, ist der Anteil der Pflegehelferinnen und Pflegehelfer in Lothringen und Luxemburg relativ hoch. Auch die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen zeigt, dass die Aide-soignants in Lothringen eine besondere Bedeutung haben. Auf 1.285 Absolventinnen und Absolventen der Fachkraft-Ausbildung kamen im Jahr 2012 fast ebenso viele Pflegehelferinnen und Pflegehelfer. Auch in Luxemburg und in der DG Belgien qualifizierten sich im Jahr 2012 in etwa gleich viele Helferinnen und Helfer wie Fachkräfte für den Arbeitsmarkt. In den beiden deutschen Bundesländern und in der Wallonie sind die Absolventenzahlen bei den Fachkräften dagegen deutlich höher als bei den Helferinnen und Helfern.

Hohe Ausbildungsintensität in Lothringen und in den deutschen Teilgebieten

Der Anteil der jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren, die eine Pflegeausbildung absolviert haben, ist in Lothringen, aber auch in den beiden deutschen Teilgebieten höher als in Luxemburg und in den belgischen Regionen. Auch im Vergleich zum Beschäftigtenstand sind die Absolventenzahlen in Lothringen, im Saarland und in Rheinland-Pfalz am höchsten. Hier konnte der Beschäftigtenstand im Jahr 2011 durch Absolventinnen und Absolventen der Ausbildungen stärker erweitert werden als in den anderen Teilgebieten.

Die Ausbildungszahlen für die Pflegeberufe sind in den vergangenen Jahren in den deutschen Teilgebieten, in Lothringen und in der Wallonie stark gestiegen. In der DG Belgien blieben die Ausbildungszahlen seit dem Jahr 2000 weitgehend konstant, in Luxemburg ist lediglich die Helfer-Ausbildung ausgeweitet worden.

Die Betrachtung der Grenzgängerströme in die drei luxemburgischen Pflegesektoren zeigt, dass die meisten Einpendlerinnen und Einpendler in Grenznähe zum Großherzogtum wohnen. Der größte Anteil kommt aus dem lothringischen  Thionville-Est (18%), gefolgt von Briey (15%) sowie den rheinland-pfälzischen Bitburg-Prüm und Trier-Saarburg, in denen jeweils knapp 11% aller Grenzgängerinnen und Grenzgänger für die Pflegesektoren leben. Das größte Einzugsgebiet aus Richtung der Wallonie bildet mit 8% Arlon. Eine ähnliche Bedeutung kommt Merzig-Wadern im Saarland zu (7%).

Pflegefachkräfte in luxemburgischen Krankenhäusern sind zur Hälfte Grenzgängerinnen und Grenzgänger

Gut ein Drittel aller Beschäftigten in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten leben nicht im Großherzogtum. In den Krankenhäusern sind sogar mehr als die Hälfte der beschäftigten Pflegefachkräfte Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Von den 3.574 im Jahr 2012 in Krankenhäusern beschäftigten Pflegefachkräften stammten 919 aus Frankreich (26%), 491 aus Belgien (14%) und 460 aus Deutschland (13%). Lediglich 1.704 Pflegefachkräfte lebten auch im Großherzogtum (48%).

Grenzgängerstrom nach Luxemburg nimmt im Zeitverlauf zu

Die Zahl der beschäftigten Pflegefachkräfte in den Krankenhäusern des Großherzogtums hat zwischen 2008 und 2013 um 15% zugenommen. Die Zahl der einheimischen Beschäftigten ist jedoch nur um 10% gestiegen. Weit stärker ist der Grenzgängerstrom aus Frankreich gewachsen (+31%). Die Zahl deutscher Grenzgängerinnen und Grenzgänger ist um 11% gestiegen, die der belgischen um 8%. 

Kaum Grenzgängermobilität in die anderen Teilgebiete

Grenzgängermobilität in die anderen Teilgebiete der Großregion existiert zwar auch, allerdings in weit geringerem Maße. Während in Luxemburg 35% der Beschäftigten in den Pflegesektoren Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind, liegen die Einpendlerquoten in den anderen Teilgebieten im niedrigen einstelligen Bereich. Die Mehrheit der Grenzgängerinnen und Grenzgänger in der DG Belgien stammt aus Deutschland, die Einpendlerinnen und Einpendler in die beiden deutschen Bundesländer leben größtenteils in Frankreich. Der größte Teil sind sogenannte atypische Grenzgängerinnen und Grenzgänger, also Personen mit deutscher Nationalität, die ihren Wohnsitz nach Frankreich verlegt haben.