Allgemeine gesetzliche Mindestlöhne sind in den meisten europäischen Ländern ein Werkzeug der Wirtschafts- und Sozialpolitik zur Regulierung des Arbeitsmarktes. Dies gilt auch außerhalb der europäischen Industriestaaten, wie beispielsweise in den USA, Kanada und Japan. Dem WSI-Bericht 2023 zufolge verfügen 38 Staaten weltweit über einen Mindestlohn.1
Innerhalb der EU verfügen 22 der 27 Mitgliedstaaten über einen branchenübergreifenden gesetzlichen Mindestlohn, darunter Deutschland, Belgien, Frankreich und Luxemburg. Lediglich fünf Länder – Dänemark, Finnland, Schweden, Österreich und Italien – kennen keinen branchenübergreifenden Mindestlohn, sondern nach Branchen unterschiedene Tariflöhne. In diesem Abschnitt soll es in erster Linie um branchenübergreifende Mindestlöhne gehen, die für alle Berufszweige gültig sind. In einigen Staaten existieren darüber hinaus Mindestlöhne für bestimmte Wirtschaftszweige (tarifgebundene Mindestlöhne). Sie werden angewandt, soweit sie höher sind als der branchenübergreifende gesetzliche Mindestlohn. Andernfalls wird der allgemeine Mindestlohn angewandt.
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1 Vgl. Lübker, Malte / Schulten, Thorsten (2023): WSI-Mindestlohnbericht 2023. Kaufkraftsicherung als zentrale Aufgabe in Zeiten hoher Inflation, Hans-Böckler-Stiftung (WSI-Report 82, März 2023)
Der Mindestlohn in Deutschland beträgt Stand Januar 2024 12,41 Euro und beinhaltet ebenfalls Ausnahmen, die in erster Linie junge Menschen betreffen. So gilt das deutsche Mindestlohngesetz zum einen nicht für die Vergütung von Auszubildenden. Zum anderen sind Praktikanten von der Regelung ausgeschlossen, die entweder ein verpflichtendes Schulpraktikum bzw. begleitendes Praktikum im Rahmen ihrer Berufsausbildung oder ihres Studiums leisten oder ein bis zu dreimonatiges Orientierungspraktikum absolvieren oder wenn das Praktikum eine Einstiegsqualifizierung bzw. Berufsbildungsvorbereitungsmaßnahme darstellt. Des Weiteren haben Jugendliche unter 18 Jahren, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, keinen Anspruch auf den Mindestlohn.*
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*Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Mindestlohn/mindestlohn.html (14.06.2024)
In Frankreich existiert ebenfalls solch ein Jugendmindestlohn: Arbeitnehmer unter 17 Jahren erhalten lediglich 80% des derzeitigen Mindestlohns von 11,65 Euro, Arbeitnehmer zwischen 17 und 18 Jahren erhalten 90 % des aktuellen Satzes. Allerdings gilt diese Regelung nur für Jugendliche, die weniger als sechs Monate praktische Arbeitserfahrung in der Branche, in der sie tätig sind, haben.
Zudem bestehen in Frankreich weitere Ausnahmen, welche insbesondere junge Menschen betreffen. Bei Auszubildenden variiert der Prozentsatz des Mindestlohns stark in Abhängigkeit vom Alter und der Anzahl der bereits absolvierten Lehrjahre. Die Spannbreite bewegt sich zwischen 27 % des Mindestlohns für Auszubildende im Alter unter 18 Jahren, die sich im ersten Lehrjahr befinden, und 78 % des Mindestlohns für Auszubildende über 21 Jahren, welche im dritten Ausbildungsjahr sind.*
Auch für Trainees (contrat de professionnalisation) variiert der Mindestlohnsatz stark: von 55 % für Arbeitnehmer unter 21 Jahren mit einem Abschluss unter Abiturniveau bis zu 80 % für über 21-Jährige mit einem Abschluss gleichwertig oder höher als ein Abitur. Auszubildende über 26 Jahre erhalten den Mindestlohn oder 85 % des Branchentarifs bei günstigeren Bedingungen.**
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* Vgl. Site Service-Public : Le contrat d’apprentissage, https://www.service-public.fr/particuliers/vosdroits/F2918 (01.01.2024)
** Vgl. Site Service-Public : Le contrat de professionnalisation, https://www.service-public.fr/particuliers/vosdroits/F15478 (01.01.2024)
In Belgien beträgt der Mindestlohn seit Januar 2024 pro Stunde 12,09 Euro (auf Basis einer 38-Stunden-Woche und ohne Zuschläge für Alter und Betriebszugehörigkeit).
Verminderte Sätze gelten für 17-jährige (73 % des Mindestlohns) und unter 17-jährige (67 % des Mindestlohns) sowie bei den 18-20-jährigen, soweit sie einen Studentenjob innehaben (79 bis 90 % je nach Alter).
Der Mindestlohn gilt nicht für Familienmitglieder, die in einem Familienbetrieb arbeiten, junge Menschen in einer dualen Ausbildung und sehr kurze Arbeitsverträge (unter einem Monat).
Auch in Luxemburg lässt sich von einem sogenannten Jugendmindestlohn sprechen. Im Großherzogtum reduziert sich der aktuelle Mindestlohnsatz von 14,86 Euro um 25 % für 15- bis 16-Jährige sowie um 20 % für 17- bis 18-Jährige.
Für Schüler und Studenten ist der Mindestlohn* noch niedriger. Er beträgt 80 % des Mindestlohn für 18- bis 27-Jährige mit einem Studentenvertrag (begrenzt auf zwei Monate pro Jahr). Des Weiteren existiert in Luxemburg eine Regelung für Personen unter 30 Jahren, die seit mindestens drei Monaten als arbeitssuchend registriert sind. Diese können über einen sogenannten „Berufseinführungsvertrag“ (Contrat d’initiation à l’emploi) für eine Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten von einem Arbeitgeber beschäftigt werden. Diese Verträge stellen eine Maßnahme der Arbeitsagentur dar, welche die Eingliederung in die Beschäftigung fördern soll. Die Arbeitgeber müssen dem über diesen Berufseinführungsvertrag beschäftigten Arbeitnehmer mindestens 80 % des nationalen Mindestlohns zahlen, wenn der Arbeitnehmer unter 18 und ungelernt ist. Wenn die jungen Arbeitnehmer einen Hochschulabschluss haben (BTS; Bachelor oder Master**) kann dieser Anteil jedoch bis zu 130 % betragen.
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* Für Schüler und Studenten beträgt der Mindestlohn in Luxemburg 80 % von 75 % des Mindestlohns für 15- bis 16-Jährige und 80 % von 80 % des Mindestlohn für 17- bis 18-Jährige.
** Vorbehaltlich der Anerkennung des Abschlusses, wenn dieser außerhalb der Benelux-Staaten erworben wurde.
Das Praktikum
Vorbemerkung: Der Mindestlohn in Deutschland beträgt seit dem 1. Januar 2025 pro Stunde 12,82 € brutto.
Anwendungsbedingungen für Praktika: Für Pflichtpraktika, die im Studiengang vorgeschrieben sind, gilt der Mindestlohn nicht. Die Vergütung ist freiwillig, aber Unternehmen zahlen oft eine Aufwandsentschädigung. Die Höhe der Vergütung liegt in der Regel zwischen 350 € und 1.400 € pro Monat, je nach Aufgabenbereich und Größe des Unternehmens.
Für freiwillige Praktika gilt der Mindestlohn in folgenden Fällen: wenn das Praktikum länger als drei Monate dauert (ab dem ersten Tag), wenn das Praktikum keinen Bezug zur Ausbildung hat oder wenn die Ausbildung bereits abgeschlossen ist. Für freiwillige Praktika von maximal drei Monaten Dauer, die während des Studiums oder zur beruflichen Orientierung absolviert werden, besteht kein Anspruch auf den Mindestlohn. Der Mindestlohn gilt auch nicht für Praktikanten unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung.
Weitere Informationen zum Praktikum in Deutschland finden Sie auf der entsprechenden Seite von Frontaliers Grand Est.
Der Ausbildungsvertrag: Ab dem 1. Januar 2025 beträgt die Mindestvergütung für Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr 682 € brutto pro Monat. Ab dem 2. Jahr steigt sie dann an. Dieser Mindestlohn gilt für duale Ausbildungen, die dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung unterliegen.
Der Berufsausbildungsvertrag / Duales Studium: Bei dualen Studiengängen mit Ausbildungsintegration gilt während der Praxisphasen die Mindestvergütung für Auszubildende in Höhe von 682 €. Bei praxisintegrierten dualen Studiengängen sind die Praxisphasen Teil des Studiums und unterliegen nicht dem Mindestlohn für Auszubildende.
Studentenjob/Nebenjob: Für Studentenjobs (außer Pflichtpraktika oder Orientierungspraktika) gilt seit dem 1. Januar 2025 für alle Studierenden über 18 Jahren der allgemeine Mindestlohn von 12,82 € brutto pro Stunde. Bei Minijobs mit einem Monatsgehalt von 556 € entspricht dies einer maximalen Arbeitszeit von etwa 43 Stunden pro Monat.
Achtung: Es ist wichtig zu beachten, dass ein Tarifvertrag günstigere Mindestlöhne als die gesetzlichen Mindestlöhne vorsehen kann.
Das Praktikum: Die Mindestvergütung beträgt 4,35 € brutto pro Praktikumsstunde (Stand: 1. Mai 2025). Die Vergütung ist nicht obligatorisch für durchgehende Praktika von weniger als 2 Monaten Dauer und für unterbrochene Praktika mit einer Gesamtdauer von weniger als 309 Stunden.
Weitere Informationen zu Praktika in Frankreich finden Sie auf der entsprechenden Seite von Frontaliers Grand Est.
Der Ausbildungsvertrag: Die Mindestvergütung hängt vom Alter des Auszubildenden und seinem Ausbildungsjahr ab:
Der Berufsausbildungsvertrag: Der Mindestlohn hängt insbesondere von Ihrem Alter ab:
Studentenjobs: Unabhängig von der Art Ihres Vertrags (unbefristeter Studentenvertrag, befristeter Vertrag, unbefristeter Zeitarbeitsvertrag usw.) ist die Zahlung des Mindestlohns ab 18 Jahren obligatorisch. Wenn Sie in Teilzeit arbeiten oder weniger Stunden leisten, richtet sich die Vergütung nach der geleisteten Arbeitszeit.
Weitere Informationen zur studentischen Beschäftigung finden Sie auf der entsprechenden Seite von Frontalier Grand Est.
Achtung: Bei diesen verschiedenen Verträgen ist zu beachten, dass eine Branchenvereinbarung und/oder ein Tarifvertrag vorteilhaftere gesetzliche Mindestlöhne vorsehen kann.
Praktika: In Belgien sind Unternehmen gesetzlich nicht verpflichtet, Praktikanten zu vergüten, lediglich die Kosten (Transport, Verpflegung) können erstattet werden. Wenn Ihr Praktikum integraler Bestandteil Ihres Studiums ist, wird es nicht vergütet. Eine Vergütung kann gewährt werden, wenn es sich um ein Praktikum in einem beruflichen Umfeld handelt oder wenn das Unternehmen dies im Rahmen eines Pflichtpraktikums gewährt.
Weitere Informationen zum Praktikum in Belgien finden Sie auf der entsprechenden Seite von Frontaliers Grand Est.
Der Ausbildungsvertrag in Belgien: Es gibt kein spezielles Abkommen zwischen Frankreich und Belgien über grenzüberschreitende Lehrlingsausbildungen. Grenzüberschreitende Lehrlingsausbildungen (theoretische Ausbildung in Frankreich, praktische Ausbildung in Belgien) kommen nur in sehr seltenen Fällen vor. Das Unternehmen in Belgien erhält keine staatlichen Finanzhilfen, da sich das Ausbildungszentrum in einem anderen Staat befindet. Der Auszubildende hat in Belgien keinen Status als dualer Auszubildender.
Wenn ein belgisches Unternehmen bereit ist, die Ausbildungskosten des Auszubildenden ohne finanzielle Unterstützung zu übernehmen, kann es den praktischen Teil der Ausbildung mit einem Vertrag über berufliche Eingliederung oder berufliches Praktikum nach belgischem Recht formalisieren. Dieser Mechanismus ermöglicht es dem Studenten, seinen Status als französischer Auszubildender für den Erwerb seines Diploms beizubehalten, vorbehaltlich der Validierung dieses Vertrags durch seine Ausbildungseinrichtung in Frankreich.
Die Mindestvergütung des Vertrags über berufliche Praktika (contrat d’immersion professionnelle) wird auf der Grundlage des garantierten monatlichen Mindesteinkommens (RMMMG) berechnet, das je nach Alter variiert (indexierte Beträge):
Studentenjobs: Studenten in Belgien dürfen maximal 650 Stunden pro Jahr arbeiten. Die Löhne für Studentenjobs hängen vom Alter und dem garantierten durchschnittlichen Mindesteinkommen (RMMMG) ab:
Weitere Informationen zur studentischen Beschäftigung in Belgien finden Sie auf der Seite von Frontaliers Grand Est.
Praktika: In Luxemburg gibt es zwei Arten von Praktika: das Pflichtpraktikum und das Praktikum zum Erwerb von Berufserfahrung. Bei Praktika von weniger als vier Wochen (praktische oder obligatorische) ist die Vergütung freiwillig. Bei einem Pflichtpraktikum von 4 Wochen oder mehr beträgt die Vergütung mindestens 30 % des sozialen Mindestlohns für ungelernte Arbeitnehmer, d. h. 811,12 € pro Monat (Stand Mai 2025). Bei einem Praktikum mit einer Dauer zwischen 4 und 12 Wochen beträgt die Vergütung mindestens 40 % des sozialen Mindestlohns für ungelernte Arbeitnehmer, d. h. 1.081,50 € pro Monat (Stand Mai 2025). Bei Praktika mit einer Dauer von mehr als 12 Wochen bis einschließlich 26 Wochen entspricht die Vergütung 75 % des sozialen Mindestlohns für ungelernte Arbeitnehmer, d. h. 2.027,81 € pro Monat (Stand Mai 2025).
Wenn der Praktikant einen ersten Hochschul- oder Universitätszyklus (Bachelor) erfolgreich abgeschlossen hat, gilt als Referenzgehalt der qualifizierte soziale Mindestlohn (3.085,11 €). Die Vergütung beträgt dann 1.297,79 € pro Monat für ein Praktikum von 4 bis 12 Wochen und 2.433,36 € pro Monat für ein Praktikum von 12 bis 26 Wochen (Zahlen von Mai 2025).
Bestimmte Tarifverträge können Vergütungsbeträge vorsehen, die über dem gesetzlichen Mindestbetrag liegen, und/oder den Arbeitgeber verpflichten, unabhängig von der Dauer des Praktikums eine Vergütung zu zahlen.
Weitere Informationen auf der Webseite von Frontaliers Grand Est.
Lehre: Es ist zwischen einer Ausbildung unterhalb des Abiturs und einer Ausbildung nach dem Abitur zu unterscheiden.
Für die Ausbildung unterhalb des Abiturs legt eine großherzogliche Verordnung jedes Jahr die Höhe der Ausbildungsentschädigungen fest, einschließlich derjenigen für die grenzüberschreitende Ausbildung. Diese Beträge richten sich nach dem Bildungsniveau und der Ausbildung des Auszubildenden.
Die grenzüberschreitende Ausbildung nach dem Abitur (duale Ausbildung) ist in Luxemburg nicht gesetzlich geregelt. Wenn sie stattfindet, wird sie im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Ausbildungseinrichtung und dem Unternehmen in Luxemburg organisiert. Für die Zeit im Unternehmen kann ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein Praktikumsvertrag abgeschlossen werden. Im Falle eines befristeten Arbeitsvertrags muss der luxemburgische Mindestlohn eingehalten werden (2.703,74 € für einen Vollzeitbeschäftigten ohne Qualifikation, Zahlen für 2025); im Falle eines Praktikums müssen die Mindestvergütungen eingehalten werden.
Studentenvertrag: Ein Studentenvertrag kann während der Schulferien (und nicht außerhalb) abgeschlossen werden. Die Vergütung wird als Prozentsatz des sozialen Mindestlohns festgelegt, der nicht weniger als 80 % des altersentsprechenden Satzes betragen darf:
Befristeter Studentenvertrag: Dieser Vertragstyp kann während oder außerhalb der Schulferien ab einem Alter von 16 Jahren abgeschlossen werden. Die Arbeitszeit muss über einen Zeitraum von 4 Wochen durchschnittlich 15 Stunden betragen. Die Vergütung entspricht dem sozialen Mindestlohn (2.703,74 €, Zahlen für 2025).
Achtung: Die Schulpflicht wird ab dem 1. September 2026 auf 18 Jahre angehoben (derzeit liegt sie bei 16 Jahren). Ab diesem Datum kann ein befristeter Studentenvertrag nur noch mit Studenten abgeschlossen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen.
Befristete und unbefristete Arbeitsverträge nach allgemeinem Recht: Studenten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben (ab dem 1.September 2026 das 18. Lebensjahr), können einen befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag nach allgemeinem Recht abschließen. Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Die Vergütung entspricht dem sozialen Mindestlohn (2.703,74 €, Stand 1. Mai 2025).