Die Beschäftigungsquote ist ein Schlüsselindikator für arbeitsmarktbezogene Analysen und die Darstellung wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Zusammenhänge auf europäischer Ebene.
Sie entspricht dem Anteil der Beschäftigten (Erwerbstätigen) an der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren. In solcher Allgemeinheit bietet der Indikator keine Hinweise über das Arbeitsvolumen, das sich regional sehr unterschiedlich darstellen kann. Wenn die Beschäftigungsquote einen realistischen Aufschluss über die beschäftigungspolitische Lage der Großregion wiedergeben soll, muss beispielsweise der Anteil der Teilzeitarbeitsverhältnisse entsprechend berücksichtigt werden.
Nach den Daten der EU-Arbeitskräfteerhebung lag die Gesamtbeschäftigungsquote in der Großregion im Jahr 2022 bei 73,5 % und somit unter dem europäischen Durchschnitt von 74,6 %. Die Ergebnisse fielen innerhalb des Kooperationsraums deutlich unterschiedlich aus: Zwischen der höchsten und der niedrigsten Beschäftigungsquote bestand eine Spanne von 19,3 Prozentpunkten. In den beiden deutschen Regionen sowie in Luxemburg bewegten sich die Beschäftigungsraten über dem großregionalen Durchschnitt. Klarer Spitzenreiter sind Rheinland-Pfalz und das Saarland mit einer Beschäftigungsquote von jeweils 80,2% und 78,2%. Luxemburg nimmt mit 74,8 % eine gute mittlere Position ein. Mit Anteilen von 71,1 % und 65,7 % bewegen sich hingegen die Beschäftigungsquoten von Lothringen sowie der Wallonie deutlich unter dem europäischen wie großregionalen Durchschnitt.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 20 bis 64 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe in %
*DG Belgien: 2019
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
Die Beschäftigungsquote in der Großregion hat sich im Zeitraum 2012-2022 um 3,8 Prozentpunkte erhöht und liegt seit 2018 leicht unter dem EU-27-Durchschnittswert, der allerdings in der Langzeitbetrachtung seit 2012 eine bessere Entwicklung erlebte (+7,1 Prozentpunkte). Zurückzuführen ist dieses positive Ergebnis der Großregion auf die Entwicklung im Saarland: (+5,5 Pp) und in Lothringen (+5,0 Pp). Es folgt die Veränderungsrate von Luxemburg, mit +3,4 Prozentpunkten. Rheinland-Pfalz und die Wallonie liegen beide unter dem großregionalen Wert (jeweils +3,0 und 3,2 Pp).
Durch die positive Entwicklung der Beschäftigungsquote hat sich im Jahr 2020 die Lücke zum Europa-2020-Ziel (eine Beschäftigungsquote von 75 %) auf 3,2 Prozentpunkte verringert - wobei die Beschäftigungsquote in diesem Jahr stark unter den Auswirkungen der Coronakrise gelitten hatten. Für die EU-27 lag die Differenz bei 2,8 Prozentpunkten. 2021 sind allerdings alle Beschäftigungsquoten mit der Erholung der Wirtschaft gestiegen, wodurch sich der Abstand auf nur noch 2,4 Punkte verringerte. Im Vergleich zum neuen EU-Ziel (78 %) liegt die Großregion noch um 4,5 Punkte zurück.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 20 bis 64 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe in %
DG Belgien: 2019 Zeitreihenbruch
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
In der Großregion lag die Beschäftigungsquote von Frauen im Jahr 2022 bei 69,5 % und damit 7,9 Prozentpunkte unter der der Männer (77,4%). Auf europäischer Ebene, wo 69,3 % der Frauen erwerbstätig sind, liegt die Differenz zu den Männern noch einmal höher (10,7 Pp). Innerhalb der Großregion ist die Differenz zwischen den Geschlechtern in allen Teilgebieten erheblich: der „Gender Gap“ bewegt sich zwischen 8,8 Prozentpunkten in Rheinland-Pfalz - wo die Beschäftigungsquote der Frauen mit 75,7 % am höchsten liegt - und 6,4 Prozentpunkten in Lothringen. Der Aktionsplan der europäischen Säule sozialer Rechte legt derzeit keinen Zielwert für die Beschäftigungsquote von Frauen fest, macht aber deutlich, dass man die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei der Beschäftigung mindestens halbieren will: Dies führt zu einem Anstieg der Beschäftigungsquote von Frauen, ein Trend, der bereits zu beobachten ist.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 20 bis 64 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe in %
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
Zwischen 2012 und 2022 hat die Differenz zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigungsquoten von 3,2 Prozentpunkten gesunken (nur 1,6 Pp in der EU). Die großregionale Beschäftigungsquote der Frauen konnte im betrachteten Zeitraum um 5,3 Prozentpunkte zulegen. Der im Vergleich zu den Männern starke Anstieg der Beschäftigungsquote bei den Frauen spiegelt die wachsende aktive Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben wider. Auch auf europäischer Ebene zeigen sich diese Entwicklungstrends, vor allem fiel der Anstieg bei den Frauen dort höher (+7,8 Pp) aus. Zurückzuführen ist die relativ starke positive Entwicklung der Beschäftigung von Frauen in der Großregion in erster Linie auf das Saarland und Luxemburg, wo die weiblichen Beschäftigungsquoten zwischen 2012 und 2022 stark angestiegen sind (Saarland +8,3 Pp und Luxemburg +7,4 Pp). Dagegen bleibt Rheinland-Pfalz (+4,6 Pp) hinter dem großregionalen Durchschnitt. Die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens verzeichnet zwischen 2011 und 2018 einen Anstieg der Beschäftigungsquote der Frauen von 4,6 Prozentpunkten, nahe an dem großregionalen Wert. Die regional uneinheitlichen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Beschäftigungssituation von Frauen einerseits mit dem sozioökonomischen Umfeld und andererseits mit den jeweiligen Arbeitsbedingungen sowie den Organisationsstrukturen im Umfeld des Arbeitsplatzes der Frauen zusammenhängt (wie beispielsweise die angebotenen Betreuungsstrukturen für Kleinkinder).
Im Rahmen der europäischen Säule sozialer Rechte gelten die Verbesserung der beruflichen Integration älterer Erwerbstätiger und die Förderung der Erwerbstätigkeit älterer Menschen als wesentlich für die Erreichung des neuen Ziels einer Beschäftigungsquote von 78 % in der EU bis 2030. Der Arbeit der Älteren kommt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und eines möglichen Fachkräftemangels infolge eines schrumpfenden Erwerbspersonenpotenzials eine höhere strategische Bedeutung zu. Die (Re-)Integration der 55- bis 64-Jährigen in das Beschäftigungssystem stellt eine der wesentlichen Herausforderungen der Arbeitsmarktpolitik dar. Ältere Arbeitskräfte können zudem für die Weitergabe von Wissen, Kompetenzen und Fachkenntnissen an die jüngeren Generationen sorgen.
Mit einer Beschäftigungsquote für ältere Erwerbstätige von 60,3 % lag die Großregion 2022 deutlich unter dem europäischen Mittelwert (62,3 %). Das großregionale Ergebnis wurde insbesondere von den hohen Beschäftigungsquoten Älterer in den beiden deutschen Bundesländern (69 % im Saarland und 70,5 % in Rheinland-Pfalz) getragen. Die gegrinste Beschäftigungsquote der Senioren verzeichnet Luxemburg (46,5 %). Die Beschäftigungsquote älterer Menschen in Lothringen liegt ebenfalls weit unter dem großregionalen Durchschnitt (50,5 %). Jedoch sieht die Rentenreform, die 2023 in Frankreich in Kraft treten wird, vor, das gesetzliche Renteneintrittsalter auf 64 Jahre anzuheben, was zu einer höheren Beschäftigungsquote älterer Menschen beitragen dürfte.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 64 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe in %
*DG Belgien: 2019
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
Der Anstieg der großregionalen Beschäftigungsquote insgesamt seit 2012 ist - neben den Zuwächsen der Erwerbstätigkeit von Frauen - auf die zunehmende Beschäftigung Älterer zurückzuführen. Im Zeitraum 2012 bis 2022 hat sich die Beschäftigungsquote in der Altersgruppe 55 bis 64 Jahre in der Großregion um 11,6 Prozentpunkte gesteigert – eine Entwicklung, die allerdings wenig stark ausfällt als auf europäischer Ebene (EU-27: +14,9 Pp). Auch war die Personengruppe der älteren Arbeitskräfte am wenigsten durch den Abschwung auf dem Arbeitsmarkt in der Covid-Krise betroffen: so ging die Beschäftigungsquote Älterer um 0,4 Pp zurück, während im gleichen Zeitraum die Beschäftigungsquote aller Altersklasse um 1 Punkt sinkt. Die Zuwächse seit 2012 fielen besonders hoch aus im Saarland und in der Wallonie (+12,5 bzw. +14,7 Pp). Die anderen Teilregionen verzeichnen Entwicklungen unter dem großregionalen Wert. Die positiven Ergebnisse der deutschen Bundesländer dürfen allerdings nicht überinterpretiert werden, da in Deutschland die Zunahme der Beschäftigung Älterer zum Teil auch auf Entwicklungen in der Altersstruktur der Bevölkerung zurückzuführen ist – der demografische Wandel in Deutschland bringt relativ wenige nachrückende Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt, so dass die Älteren in Beschäftigung gehalten werden müssen. Zudem wirken sich die unterschiedlichen Gesetzgebungen zur Rente der jeweiligen Teilregionen auf die zu beobachtende Beschäftigungsquote aus.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 64 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe in %
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
Unterschiede zwischen den Beschäftigungsquoten für ältere Erwerbstätige bestehen nicht nur zwischen den Regionen, sondern auch zwischen den Geschlechtern: Ältere Männer arbeiteten in der Großregion häufiger als Frauen. Die Differenz lag 2022 bei 7,5 Prozentpunkten und damit unterhalb des EU-Niveaus (12,4 Pp). Innerhalb der Großregion weist Luxemburg, die größte Differenz aus (15,6 Pp). Danach folgt das Saarland mit 9,2 Prozentpunkten. Der kleinste Abstand zwischen ältere Männer und Frauen wurde in Lothringen verzeichnet (2,6 Pp).
…trotz eines stärkeren Anstiegs der weiblichen Beschäftigungsquote von Älteren
Im Jahr 2012 lag die geschlechtsspezifische Differenz in der Großregion noch bei knapp 13 Prozentpunkten. Die Beschäftigungsquoten älterer Frauen und Männer haben sich im Zeitraum 2011-2021 also deutlich angenähert (um 5,2 Prozentpunkte). Zurückzuführen ist dies auf die stärkere Zunahme der Beschäftigung älterer Frauen in der Großregion (Frauen: +14,2 Pp, Männer: +9 Pp). Auf europäischer Ebene hat sich der Geschlechterunterschied auch deutlich reduziert (-2,1 Prozentpunkte). Die Beschäftigungsquoten sowohl der älteren Frauen (+15,6 Pp) als auch der älteren Männer (+13,3 Pp) sind stärker angestiegen als auf großregionaler Ebene.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 64 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe (in %, nach Geschlecht)
Berechnungen: IBA·OIE
Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
Die Beschäftigungsquote der jungen Menschen lag in der Großregion im Jahr 2022 bei 37,2 % und damit 2,5 Prozentpunkte über dem europäischen Mittel (34,7 %). Im interregionalen Vergleich sind große Unterschiede zwischen der niedrigsten und der höchsten Beschäftigungsquote festzustellen: Die Rate war in Rheinland-Pfalz (54,6 %) und im Saarland (48,3 %) mehr als doppelt so hoch wie in der Wallonie (19,6 %). Darüber hinaus ist die Beschäftigungsquote der jungen Menschen auch in 2020 gesunken. Im Folgejahr ist sie wieder leicht gestiegen und zwar stärker als bei der Altersklasse der 20- bis 64-Jährigen (+2,1 Pp gegenüber 1,6 Pp).
Für die zwischen den Teilregionen bestehenden Unterschiede in der Beschäftigungsquote Jugendlicher lassen sich verschiedene Gründe anführen: Die insgesamt überdurchschnittlichen Quoten der beiden deutschen Regionen dürften strukturell bedingt sein und vor allem mit der traditionell hohen Bedeutung des Systems der dualen Berufsausbildung zusammenhängen. Auch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens erfreut sich die betriebliche Ausbildung einer großen Beliebtheit, was den enormen Unterschied in der Beschäftigungsquote junger Menschen zur Wallonie erklärt. Die niedrigen Werte in den französischsprachigen Teilgebieten der Großregion können auf Schwierigkeiten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, zurückzuführen oder durch die Verlängerung des Studiums bedingt sein. Hier sind in der Altersgruppe 15-24 Jahre sind viele junge Leute nicht in Beschäftigung, da sie sich für einen schulischen oder hochschulischen Bildungsweg entschieden haben. Nach ihrem Abschluss werden sie dem Arbeitsmarkt dann (größtenteils) zur Verfügung stehen. Eine niedrige Beschäftigungsquote ist darum nicht unbedingt problematisch. Für eine Problemanalyse sind die Indikatoren der Jugendarbeitslosigkeit und vor allem die der NEET-Rate (Jugendliche, die sich nicht in Beschäftigung, Aus- oder Weiterbildung befinden) aussagekräftiger.
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 24 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe (in %, nach Geschlecht)
*DG Belgien : 2019
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk