Die Transformationen des Arbeitsmarktes

Die gegenläufigen Entwicklungen im Dienstleistungs- und Industriesektor beweisen den anhaltenden Prozess der Tertiärisierung der Wirtschaft, der neben dem digitalen und dem ökologischen Wandel, Teil einer umfassenderen Bewegung von Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ist. Auch die Alterung der Bevölkerung in der Großregion ist ein starker Trend mit vielfältigen und bedeutenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die folgende Analyse ist ein Auszug aus dem ersten Kapitel des Sonderthemas des Berichts 2021/2022 im Auftrag des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Großregion.

 

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kompetenzen

Die zunehmende Nutzung der neuen Technologien durch die Unternehmen trägt zu wichtigen strukturellen Veränderungen bei, die sich weniger auf die endgültige Anzahl der Stellen als vielmehr auf die Sektoren, in denen sie angesiedelt sind, und das erforderliche Qualifikationsniveau auswirken. In einer Studie zu den Auswirkungen des steigenden Einsatzes von Industrierobotern erklären die Autoren, dass, auch wenn sich die Gesamtbeschäftigung kaum verändert hat, jeder Roboter zwei Jobs im produzierenden Gewerbe verdrängt hat, gleichzeitig aber genauso viele zusätzliche Jobs im Dienstleistungssektor entstanden sind.[1] Qualitativ betrachtet könnte die zunehmende Nutzung der neuen Technologien in den Arbeitsprozessen zu einer deutlichen Veränderung der Tätigkeitsinhalte und der damit zusammenhängenden Anforderungen führen. Die Beherrschung digitaler Kompetenzen ist in vielen Berufen zentral geworden, auch wenn es Unterscheidungen zwischen verschiedenen Arten von Kompetenzen im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) gibt. Aber generell werden sich in vielen Sektoren die Erwartungen an die Beschäftigten unter dem digitalen Einfluss verändern; sie müssen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern, sich spezialisieren und vielseitiger werden.

Zum Beispiel im Bereich Mechanik, wo die Arbeitnehmer ihre Kompetenzen im digitalen und elektronischen Bereich erweitern müssen, um sich auf die Produktion von Elektrofahrzeugen und E-Bikes einzustellen. Durch die Entwicklung des „Smart Home“, also der intelligenten Vernetzung der Steuerungssysteme für alle Bereiche eines Gebäudes, können auch Heizungs- und Sanitärinstallateure mit der Installation von digitalen Geräten betraut werden und müssen hierfür ihre Kenntnisse erweitern. Zudem müssen im Rahmen der Industrie 4.0 Verfahrens- und Wartungsmechaniker in der Lage sein, Maschinen zu programmieren und deren Vernetzung zu steuern sowie Wartungspläne zu organisieren. Zur Bewältigung dieser neuen Aufgaben müssen sie spezifische Kompetenzen im Bereich IKT erwerben sowie im Ineinandergreifen von Mechanik, Elektronik und Informatik. Zudem wächst die Nachfrage nach spezialisierten IT-Fachkräften (Cloud, Cybersicherheit, Big Data) und im Bereich der IKT werden immer spezialisiertere Fachkräfte von den Unternehmen gesucht. Eine Feststellung, die für zahlreiche Sektoren zutrifft, wo an die Fachkräfte immer höhere und spezifischere Anforderungen gestellt werden.

Die Auswirkungen der ökologischen Transformation auf die Kompetenzen

Der energetische und ökologische Wandel wird auch für den Arbeitsmarkt, die Zahl der Arbeitsplätze und die benötigten Kompetenzen nicht ohne Folgen bleiben. Die Wege zur Dekarbonisierung der Wirtschaft sind sehr unterschiedlich, verlaufen auf verschiedenen Wegen und beruhen auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Entscheidungen. Mehrere Wirtschaftssektoren werden jedoch eine zentrale Rolle spielen, und viele ihrer Berufe werden sich neu formieren und "grüne Kompetenzen"[2] integrieren. Im Baugewerbe und in der Industrie wird die Nachfrage nach grünen Kompetenzen zunehmen, vor allem weil es sich um zwei Wirtschaftszweige handelt, die immer strengeren Umweltstandards unterliegen. Die ADEM beobachtet beispielweise bei den Stellenanzeigen der luxemburgischen Industrie eine zunehmende Nachfrage nach Berufen aus dem Bereich Gesundheit-Sicherheit-Umwelt sowie nach Kenntnissen im Bereich der Qualitätsstandards.[3] Darüber hinaus steigt im Rahmen der Entwicklung von innovativen und umweltfreundlichen Produkten und Materialien, die Nachfrage nach Berufen mit Ausbildung auf Hochschulniveau, insbesondere im Bereich Engineering und Industrial Design (z. B. Ingenieure für Werkstofftechnik, öko-industrielle Produktion und Produktaufbereitung). Im Baugewerbe, wo die Verbesserung der Energieeffizienz große Bedeutung hat, sind die beruflichen Praktiken stark im Wandel begriffen. Die Beschäftigten müssen neue Fertigkeiten, Materialien und Instrumente beherrschen. Maurer, Zimmerer, Klempner und Maler „müssen neues Know-how einsetzen, insbesondere im Bereich der Wärmedämmung“[4], wo sich die Techniken beständig weiterentwickeln. Zudem müssen sich diese Fachkräfte auf die Verwendung nachhaltigerer Materialien umstellen, insbesondere biobasierte Materialien wie Holz, Flachs oder Hanf.

In der Industrie und im Baugewerbe schließlich verlangen die Themen Rückgewinnung, Verwaltung und Verwertung von Industrie- und Bauabfällen danach, Produktions- und Funktionsweisen zu überdenken und Überlegungen in Hinblick auf die Kreislaufwirtschaften anzustellen.

 

Bibliographie:

[1] Vgl. DAUTH W., FINDEISEN S., SÜDEKUM J., WÖSSNER N. (2018): German Robots – The Impact of Industrial Robots on Workers. CEPR Discussion Paper 12306 in WYDRA-SOMAGGIO G., OTTO A. (2020): Digitalisierung und Zukunft der Arbeitswelt in Rheinland-Pfalz. 2|2020 IAB Rheinland-Pfalz-Saarland. p.8

[2] „spezielle Kompetenzen, die erforderlich sind, um Produkte, Dienstleistungen und Prozesse an die zur Begrenzung der Umweltauswirkungen geänderten oder neu festgelegten Anforderungen und Vorschriften anzupassen; um negative Auswirkungen und Schäden für die Umwelt zu bemessen, zu verhüten, einzudämmen oder zu korrigieren; um den Klimawandel aufzuhalten und/oder sich an die bereits vorhandenen Auswirkungen dieses Klimawandels anzupassen“ STRIETSKA-ILINA O., HOFMANN C., DURAN HARO M., JEON S. (2011) : Skills for green jobs : a global view. ILO, CDEFOP in BONLEU A. (2021) : Transition écologique et compétences : Analyse des offres d’emploi en ligne. Céreq, Working Paper n°10, S.12.

[3] Cf. ADEM (2021) : Etudes sectorielles - L’industrie, p. 24 et 36

[4] Ministère du Travail (2019) : Plan de programmation des emplois et des compétences, p.52