Anstieg der Grenzgängerbeschäftigung zum Vorkrisenniveau

Am 31. März 2021 zählte Luxemburg 207.530 Grenzgänger aus den angrenzenden Regionen, von denen die Hälfte (52,4%) aus Frankreich und jeweils ein Viertel (24 bzw. 23,9%) aus Deutschland und Belgien kam. Damit gibt es immer noch einen Anstieg der Beschäftigten aus den umliegenden Regionen. Allerdings ist die Entwicklung der Grenzgängerströme seit zwanzig Jahren von zwei großen Krisen geprägt worden: die Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 und Coronokrise im Jahr 2020. Vor allem vor 2009 entstanden im Großherzogtum mehr Arbeitsplätze, als mit ansässigen Arbeitskräften besetzt werden konnten. Nach der Krise gab es eine deutliche Verlangsamung des Beschäftigungswachstums bei den Grenzgängern, das aber seit 2014 wieder steigt und erreicht vor der Coronakrise in 2019 +5,0%. In 2020 ist die Erhöhung der Grenzgängerzahl wieder verlangsamt. Zum ersten Mal seit 2013, ist die Zunahme der Grenzgängerzahl im Zeitraum 2019-2020 unter dem Vorjahresniveau. Zwischen 2020 und 2021, erreicht diese Entwicklung wieder Vorkrisenniveau mit +3,8%, sprich 2.850 zusätzliche Personen. Auch der Anteil der Grenzgänger an der Gesamtbeschäftigung ist bis 2008 stetig gewachsen. Seit 2009 ist er dagegen nahezu konstant und liegt bei 44%. Dieser Anteil geht aber ab 2015 wieder nach oben und erreicht 2021 46,3%. Ferner entfielen bis 2008 jährlich zwei Drittel der neu geschaffenen Stellen auf Grenzgänger. Im Jahr 2009 sank dieser Anteil auf knapp zwei Fünftel (39%), der Wert stieg dann zwischen Januar 2020 und januar 2021, und zwischen Juni 2018 und Juni 2019 wieder an (41%).1

1Vgl. RETEL: Tableau de bord du marché du travail luxembourgeois, 2021

Grenzgänger aus Deutschland und aus Belgien in vergleichbarer Anzahl

Bereits seit einigen Jahren zeichnet sich eine Konvergenz des Einpendlerstroms aus Belgien und Deutschland ab, die auf das rapide Anwachsen der Grenzgängerzahlen aus den deutschen Bundesländern zurückzuführen ist. Denn während im Jahr 2004 noch 7.000 mehr Belgier als Deutsche in Luxemburg arbeiteten, verringerte sich diese Differenz in den Folgejahren spürbar, so dass im Jahr 2015 ca. 240 mehr Grenzgänger aus den deutschen Bundesländern ins Großherzogtum einpendelten als aus dem benachbarten Belgien, bevor sich diese Situation wieder leicht umkehrte (2019 waren es nur einen 10 Personen Abstand zugunsten der Deutschen).

In Luxemburg beschäftigte Grenzgänger nach Herkunftsländern

Berechnungen: IBA·OIE | Quelle: IGSS

Beschäftigungsentwicklung von Grenzgängern und Ansässigen zwischen 2020 und 2021

Nach dem „tableau de bord“ des luxemburgischen Netzwerks RETEL zur Arbeitsmarktbeobachtung wurden zwischen Januar 2020 und Januar 2021 122.380 neue Stellen geschaffen. 22% davon wurden mit Luxemburgern besetzt, 38% mit luxemburgischen Einwohnern ausländischer Nationalität und 40,5% mit Grenzgängern. Dem standen 116.230 beendete Arbeitsverhältnisse gegenüber, bei denen die Verteilung vergleichbar war. Rechnet man allerdings die genaue Differenz aus, ergibt sich für die Luxemburger ein Zuwachs von nur 50 Beschäftigungsverhältnissen, während der bei den anderen beiden Gruppen bedeutend höher liegt: 3.410 für die ausländischen Einwohner Luxemburgs und 2.690 für die Grenzgänger.Darunter entfallen 1.540 Stellen auf Franzosen, 660 und 490 Stellen auf Belgier bzw. Deutsche. Diese Werte liegen deutlich unter den Werten von Januar 2018 bis Januar 2019 und zeigen auch die Auswirkungen der Krise im Jahr 2020, die durch einen starken Rückgang der Einstellungen in den ersten beiden Quartalen des Jahres gekennzeichnet sind.

2 Vgl. RETEL: Tableau de bord du marché du travail luxembourgeois, 2021

Entwicklung der Arbeitnehmerbeschäftigung in Luxembourg 2020-2021

Entwicklung der Arbeitnehmerbeschäftigung in Luxemburg nach Nationalität und Wohnort zwischen Januar 2020 und Januar 2021 (ohne Leiharbeiter)

Darstellung: IBA·OIE | Quelle: RETEL

Zahl der Grenzgänger in den letzten 40 Jahren gestiegen

Die Grenzgängerzahlen im Großherzogtum erhöhen sich seit den 1980er Jahren stetig. Denn nach der Erdölkrise zwischen 1973 und 1978 und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Montanindustrie zog das Beschäftigungswachstum aufgrund des Ausbaus des Dienstleistungssektors deutlich an. Im Jahr 1980 lag der Anteil der Grenzgänger an der Gesamtbeschäftigung noch bei 8%, zehn Jahre später belief er sich bereits auf 18% (1990).3 Ab 1986 setzte der Boom im Finanzsektor ein und die Belgier, die bis dahin die größte Gruppe der Grenzgänger in Luxemburg stellten, wurden 1987 von den Franzosen abgelöst. Diese Entwicklung bleibt dem Aufschwung unternehmensbezogener Dienstleistungen bei gleichzeitigem Rückgang verschiedener Industriezweige geschuldet, in denen belgische Grenzgänger stark vertreten waren. Außerdem drängten immer mehr Franzosen auf den luxemburgischen Arbeitsmarkt infolge von Entlassungswellen und Umbrüchen in den ehemaligen Hochburgen der Eisen- und Stahlindustrie an ihren Wohnorten. Der weitere Aufschwung und die damit verbundene Nachfrage nach qualifizierten Beschäftigten im Kredit- und Versicherungswesen, in den unternehmensnahen Dienstleistungen oder im Handel begünstigten in den Folgejahren die Entwicklung des Grenzgängerwesens.

Betrachtet man die Zahl der Arbeitnehmer (siehe Grafik unten) in der Entwicklung von 1975 bis 2021, so hat sich die Zahl aller in Luxemburg beschäftigten Arbeitnehmer in den letzten 40 Jahren mehr als verdreifacht. Während die Anzahl der in Luxemburg ansässigen Arbeitnehmer sich jedoch nur verdoppelt hat, verzeichneten die Grenzgänger einen Anstieg um den Faktor 18. 2001 waren 96.600 Grenzgänger in Luxemburg beschäftigt, deren Anzahl in den letzten 20 Jahren um das Zweifache anstiegen ist. Zentrale Eckdaten dieser Entwicklung sind das Jahr 1995, in dem die Zahl der Grenzgänger erstmalig höher lag als die der beschäftigten ansässigen Ausländer, und das Jahr 2001, in dem erstmalig mehr Grenzgänger als Arbeitnehmer luxemburgischer Staatsbürgerschaft im Großherzogtum arbeiteten. Franzosen stellen bis heute die meisten Grenzgänger in Luxemburg, auch ihre Zahl hat sich seit 1991 mehr als verfünffacht. Die Einpendlerzahlen aus Belgien verdreifachten sich im selben Zeitraum, die Zahl aus Deutschland liegt heute fast 6-mal höher.

3Vgl. STATEC : Les mutations de l’emploi de 1960 à 2010. Le Luxembourg 1960-2010. Juni 2012

Beschäftigungsentwicklung in Luxemburg 1975-2021

Beschäftigungsentwicklung in Luxemburg (Arbeitnehmer in Tsd.) 1975-2021 (Jahresdurchschnitt)

* Zeitreihenbruch

Berechnungen: IBA·OIE | Quelle: STATEC