Einpendler aus Frankreich
Anzahl der Einpendler aus Frankreich weiterhin rückläufig
Mitte 2021 pendelten 14.219 Arbeitskräfte aus Frankreich täglich zu ihrem Arbeitsplatz im Saarland. Im genzen ist das Volumen dieses Einpendlerstroms seit 2020 weiter gesunken (-34%, d. h. ein absoluter Rückgang um 7.310 Personen). Dieser Rückgang wird hauptsächlich von typischen Grenzgängern (-5.759 Personen), weniger von den atypischen Grenzgängern mit deutscher Nationalität (-1.547 Personen) verursacht.
In den Jahren 2012 und 2013 verzeichnete das Grenzgängerwesen an der Saar noch starke Einbußen (-3,5% bzw. -4,0%). Die Rückgänge dieser Jahre erreichen demnach in etwa die Größenordnung von -4,1% auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009, als sowohl die Wirtschaft stark einbrach (-9,8%)1 als auch die Gesamtbeschäftigung im Saarland abnahm (-0,8%)2. Die hohen Minuswerte der Einpendlerströme aus 2012 und 2013 lassen sich nur bedingt über Arbeitsmarktdynamik erklären: die Zahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt stieg auf einem niedrigen Niveau weiter an (2012: +1,7%; 2013: +0,1%).3
Der Blick auf die Grenzgängerzahlen früherer Jahre bestätigt, dass der Rückgang der französischen Einpendler nicht hinreichend über konjunkturelle oder kurzfristige Entwicklungen erklärt werden kann, sondern tiefer gehende Veränderungen stattgefunden haben müssen: Die Zahl an Einpendlern aus Frankreich ins Saarland geht bereits seit 2001 kontinuierlich zurück. Die Betrachtung der Entwicklung zwischen 2000 und 2019 weist einen Abbau des französischen Einpendlerstroms um 25% bzw. 5.299 Personen aus. Im gleichen Zeitraum hingegen hat die Gesamtanzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der Saar um 10% zugelegt. Der Anteil der Grenzgänger an der Gesamtzahl an beschäftigten Arbeitnehmern im Saarland betrug im Jahr 2019 somit noch lediglich 4,1% (2000: 6%).
1 Veränderung der Bruttowertschöpfung im Jahre 2009 im Saarland zum Vorjahr. Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder
2 Veränderung der Arbeitnehmerbeschäftigung im Jahre 2009 im Saarland zum Vorjahr. Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder
3 Quelle: Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit
Im Saarland beschäftigte Grenzgänger aus Frankreich
Atypische Grenzgänger
Mehr als jeder vierte Grenzgänger aus Frankreich ist Deutscher
Bei der Betrachtung der Entwicklung des französischen Grenzgängerstroms ins Saarland sind die Unterschiede zwischen atypischen und typischen Grenzgängern zu berücksichtigen. Unter den einpendelnden Personen aus Frankreich befanden sich 2021 ca. 3.938 Deutsche. Diese sogenannten atypischen Grenzgänger machten somit 28,0% des Einpendlerstroms aus. Deren Anteil lag damit auch über 10 Prozentpunkte höher als im benachbarten Bundesland Rheinland-Pfalz (17,8%). Dies lässt sich über eine lange Tradition der Wohnmigration im Gebiet um die saarländisch-lothringische Grenze erklären, deren Wurzeln bis zu Beginn der 1960er Jahre zurückreichen.1 Die grenzüberschreitende Wohnortmobilität nahm besonders in den 1990er Jahren kontinuierlich zu.2 Anlass für den Wohnortwechsel waren vor allem die attraktiven Grundstücks- und Immobilienpreise in Lothringen, welche auch erwerbstätigen Deutschen mit relativ geringem Einkommen die Möglichkeit boten, Wohneigentum mit relativ großer Fläche in einem eher dörflichen, erholsamen Lebensumfeld zu erwerben, von wo aus weiterhin der an-gestammte Arbeitsplatz in der Heimatregion erreicht werden kann. Neben der gut ausgebauten Straßeninfrastruktur und den finanziellen Vorteilen durch den Status als Grenzgänger wurde dieses grenzüberschreitende Mobilitätsmuster auch dadurch begünstigt, dass – zumindest damals – auf französischer Seite vielerorts noch der regionale germanophone Dialekt gesprochen wurde. Vor diesem Hintergrund hat sich die Zahl der Deutschen, die in Frankreich leben und im Saarland arbeiten, zu dieser Zeit stark erhöht. Seit 2011 ist jedoch festzustellen, dass sich von Jahr zu Jahr weniger Deutsche dafür entscheiden, auf der französischen Seite der Grenze zu wohnen, um in ihrem Herkunftsland zu arbeiten.
Atypische und typische Grenzgängerströme entwickeln sich unterschiedlich
Ohne die langfristige Entwicklung des atypischen Grenzgängerwesens wäre der Rückgang des Grenzgängerstroms aus Frankreich ins Saarland noch stärker ausgeprägt. Betrachtet man die Entwicklung seit dem absoluten Höchststand im Jahr 2000 bis zum Jahr 2021, so hat sich die Zahl der Einpendler aus Frankreich mit anderen Nationalitäten um 36,0% reduziert. Der Rückgang bei den atypischen Grenzgängern betrug nur 28,0%. Allerdings ist dieser Tendenz im Zeitraum 2011-2021 umgekehrt. Rückgang der atypischen Grenzgänger ist höher (-36,7% gegen -22,7%)
1 Vgl. ausführlich Ballschmiede, H. (1998): Wohnmobilität deutscher Staatsangehöriger im Raum Moselle-Est. Studie im Auftrag des Etablissement Public de la Métropole Lorraine (EPML); ferner Ramm, M. (1999): Saar-länder im grenznahen Lothringen. „Invasion“ oder Integration? In: Geographische Rundschau 51, H. 2, S. 110-115 sowie ders. (2001): Vivre et habiter de part et d’autre d’une frontière: l’exemple de l’espace Sarre-Moselle/Est. In: Leinen, Jo (Hg.): Saar-Lor-Lux. Eine Euro-Region mit Zukunft? (Schriftenreihe Geschichte, Politik & Gesellschaft der Stiftung Demokratie Saarland, Bd. 6), St. Ingbert, S. 379-391
2 Im Jahr 1997 wurden allein im Departement Moselle ca. 15.000 Einwohner mit deutscher Staatsbürgerschaft gezählt, davon ca. 70% aus dem Saarland. Bei ihnen handelt es sich weitgehend um Erwerbstätige mit einem Arbeitsplatz im Saarland. Vgl. Auburtin, Eric (2002): Dynamiques et représentations transfrontalières de la Lorraine. Analyse géopolitique régionale appliquée. Thèse de doctorat, Tome 2, Université de Paris 8, S. 383 u. 386
Entwicklung der Grenzgänger aus Frankreich nach Nationalität
Franzosen arbeiten überwiegend im Regionalverband Saarbrücken
Über die Hälfte der Franzosen an der Saar arbeitet im Regionalverband Saarbrücken
Die aus Frankreich einpendelnden Arbeitskräfte arbeiten überwiegend an Orten, an denen – neben Handel und wirtschaftsnahen Dienstleistungen – die Verarbeitende Industrie mit ihren Standorten der Metallverarbeitung bzw. der Automobil- und Zuliefererindustrie angesiedelt ist. So sind fast 57% der Grenzgänger im Regionalverband Saarbrücken, gut ein Fünftel im Kreis Saarlouis und 14% im Saarpfalz-Kreis beschäftigt. Auf die übrigen saarländischen Landkreise entfallen demgegenüber lediglich insgesamt 6% aller Einpendler aus Frankreich. Im Hinblick auf die Entwicklung der letzten zehn Jahre ist zu erkennen, dass die Zahl der Grenzgänger in allen Landkreisen zurückgegangen ist: die Rückgänge sind im Regionalverband Saarbrücken mit -30,7% (ca. 3.600 Personen) und im Kreis Saarlouis mit - 24,7% (ca. 1.000 Personen) besonders deutlich. Die größte Anzahl an Arbeitsplätzen für Grenzgänger wurde im Kreis Merzig-Wadern abgebaut: -31,5%, obwohl es nur 200 Arbeitsplätze betrifft.